Fettnäpfchenalarm – Kolumbien 2011
by matthias
Betretendes Schweigen. Meine Gastgeber schauen mich irritiert an. Ich ebenso irritiert zurück. Was habe ich denn jetzt wieder falsches gesagt.
Kolumbien, im Frühjahr letzten Jahres. Ich sitze an einem überdimensionalen Esstisch. Neben mir: die komplette kolumbianische Sippschaft einer guten Freundin. Vor mir: eine große Platte Käsespätzle. Selbst gemacht natürlich. Mann muss sich ja für all die Gastfreundschaft bedanken. Auch wenn meine Spätzle eher die Form von Ravioli haben. Aber davon weiß ja der Kolumbianer nichts. Bei Fragen also nichts anmerken lassen: Ja, die sehen immer so aus. Nur, all die Kochkünste bringen natürlich rein gar nichts, wenn man sich nur eine Minute später ohne Umwege in das größtmögliche Fettnäpfchen wirft. Dabei war vorher doch klar – Matthias, bloß nicht die Drogenkriminalität erwähnen. Vor allem hier in Cali – die Stadt kennt man im Ausland ja sowieso wenn nur “dank“ dem berüchtigten Cali-Kartell.
“In Deutschland denken doch bestimmt viele, dass wir hier alle nur Drogen anbauen?“ – fragt mich auf einmal der Vater meiner Freundin. Der Klang des Fettnäpfchen-Alarms bringt mein Großhirn zum Wanken. Ok Matthias, keine Fehler jetzt. Denkleistung auf Maximum fahren und raus mit einer den Tischfrieden sichernden Antwort: “Nein, das glauben höchstens ein paar wenige Leute, die wirklich keine Ahnung haben. Die denken wahrscheinlich auch, dass jeder hier einen Kokastrauch im Garten hat – was natürlich total verrückt ist.“ So, und jetzt noch ein kurzer Lacher hinterher und schon hast du dich locker aus der Situation befreit. Komischerweise lacht der Rest nicht. Kein gutes Zeichen. Stattdessen folgt betretendes Schweigen. Gefühlte zehn Minuten. Dann hat meine Freundin ein Erbarmen mit mir. “Matthias, also wir haben hier einen Kokastrauch im Garten“.
Stille. Scotty, beam me up. Blitzeinschlag im Nachbarhaus wäre auch akzeptabel. Hauptsache ich komme irgendwie raus aus dieser Situation. Glücklicherweise verzeihen mir meine Gastgeber aber. Und zeigen mir gleich mal den Kokastrauch im Garten. Sieht eigentlich ganz harmlos aus. Hat dieses Land aber trotzdem direkt in den Abgrund geführt. Aus dem es sich aber jetzt wieder langsam befreit. Schräge Busfahrer, gesegnete Autos, suspekte Handyvermietung und Glücksspiel auf der Landstrasse – da gibt’s eine ganze Menge zu erzählen. Aber davon mehr ein anderes Mal…