Startup a la Kambodscha
by matthias
„You have money?“ Das Paar brauner Augen schaut mich eindringlich an. Ich lächle zurück. Freundlich. „Sorry, no“ meine ich. Ich habe mir vorgenommen hart zu bleiben. Auch wenn vor mir ein ca. 12jähriges Mädchen steht. Und wir uns mitten im kambodschanischen Dschungel befinden. Im Winter 2005. Das übliche Dilemma. Reicher Westeuropäer reist durch Dritte-Welt-Land. Ruinen besichtigen. Kultururlaub. Sie senkt schüchtern den Kopf. Nicht nachgeben, Matthias. Sie schaut mich wieder an. „Can I see money from your country“. Wieder dieses Lächeln. Jetzt bloß nicht weich werden. Naja, zeigen kann ich es ihr ja. Und krame eine Ein-Euro-Münze aus dem Geldbeutel. Sie beginnt zu strahlen. „It looks beautiful“. Dieses Lächeln. Ich spüre wie die Dämme brechen. Diese Augen. „Can I show my friends?“. Ich habe verloren. „Keep it“ meine ich nur. Sie strahlt. Schon wieder. Oder immer noch. Und läuft davon. Was bringt eine Ein-Euro-Münze im kambodschanischen Dschungel. Ein Rätsel. Aber nicht lange.
Zwei Stunden später. Neue Ruine. Neues Kind. Gleiches Lächeln. „Where are you from?“. Schon wieder braune Augen. „Germany“ antworte ich. Das Lächeln wird größer. „You can change?“ fragt sie. Verwirrung. Ich verstehe die Frage nicht. „Change money? I found German money?“. Sie hebt mir eine Ein-Euro-Münze hin. Ich begreife. Wie clever. Ich muss grinsen. Sie auch. Dann der Austausch. Sie bekommt ihre kambodschanischen Riel. Ich meinen Euro. Sie lächelt wieder. Ich diesmal auch. War ich mit 12 schon so aufgeweckt. Wohl kaum. Sie läuft davon. Ich folge ihr. Und treffe dann auf die komplette Gang. Das muss fotografisch festgehalten werden. Schon wieder dieses Lächeln. Diesmal von der Anführerin. Sie tritt vor. Selbstbewusst. Entschlossen. „You want picture?“ Ich nicke. „We are not for free“ wirft sie mir entgegen. Und wieder dieses Lächeln. Es geht einfach nichts über freie Marktwirtschaft. Sie bekommt ihr Geld. Ich bekomme mein Bild. Und Respekt vor soviel Einfallsreichtum. Dieses Land hat eine große Zukunft.